Zwei Urgesteine erinnern sich

Die Ehrenmitglieder Walter Sandmann und Hans Löffler sitzen seit vielen Jahrzehnten bei den Ford Schachfreunden am Brett und berichten aus ihrer und der Geschichte des Vereins.

Sie sind die beiden Urgesteine unseres Vereins: Walter Sandmann (89) und Hans Löffler (92) spielen seit vielen Jahrzehnten bei den Ford Schachfreunden. Die beiden Ehrenmitglieder erzählen im Gespräch mit Stefan Sommer, wie es früher im Verein zuging, wie sie zum Schach kamen und warum sie bis heute immer noch gerne am Brett sitzen.

Walter Sandmann
Walter Sandmann

Walter Sandmann war 15 und machte eine Ausbildung zum Dreher, als er am schwarzen Brett seines Lehrlingsheims einen Zettel entdeckte: „Schachspieler gesucht“. Die Regeln kannte der junge Mann halbwegs, er meldete sich und wurde im dritten Lehrjahr erstmals Heimmeister. 1953 wechselte er zum neuen Arbeitgeber Ford, wo es schon seit 1938 die Ford Schachfreunde gab. „Ich dachte, da könnte ich gut mithalten“, erzählt er rückblickend. Er ging zum ersten Trainingsabend, der damals noch freitags in der Gaststätte Schreuer an der Neusser Straße stattfand. Als Gegner wurde ihm ein älterer Herr ans Brett gesetzt, der „nur“ in der 8. Mannschaft spielte. „Ich dachte, denn kannst du doch sicher schlagen. Aber es wurde die größte Pleite meines Lebens“. Acht Spiele, acht Niederlagen. Walter Sandmann war an einen ausgewiesenen Theorie-Fuchs geraten und beschloss: Da gehe ich nie wieder hin. Wenn da nicht sein Arbeitskollege Hans Rellecke gewesen wäre. Der war Turnierleiter bei den Schachfreunden und ermunterte den jungen Mann an seinem Arbeitsplatz, es doch noch einmal zu versuchen – der Beginn einer langen Vereinskarriere mit vielen Stationen im Vorstand, langen Jahren als Mannschaftsführer und etlichen Erfolgen am Brett.

Hans Löffler
Hans Löffler

„Die Löfflers waren schon immer Schachspieler“, erinnert sich Hans Löffler an seine ersten Schritte. Das königliche Spiel hatte er von Vater und Großvater gelernt, und wer ihn heute mit 92 Jahren beim monatlichen Blitzturnier, aber auch in der Vereinsmeisterschaft oder im Pokal erlebt, weiß, dass er die Begeisterung fürs Schach nie verloren hat. Hans Löffler arbeitete als Konstrukteur beim Niehler Autobauer. Dort brachte ihn 1956 sein Kollege Schorsch Bensberg zu den Schachfreunden. Damals bestand der Verein nur aus Ford-Angestellten. Erst Ende der siebziger Jahre, so erinnern sich Sandmann und Löffler, kamen die ersten Schachspieler hinzu, die nicht beim Niehler Autohersteller arbeiteten. Heute sind die Nicht-Fordler im Verein längst in der Mehrheit.

Wie ging es im Schachverein zu? Trainiert wurde zunächst in verschiedenen Gaststätten, nach Schreuer bei „Marianne“ und dann lange im „Alt-Merheim“ an der Neusser Straße. An das Schachlokal im Keller von St. Salvator in Weidenpesch, das unseren Verein vor dem Umzug nach Longerich lange Jahre beheimatete, können sich sicher auch viele jüngere Schachfreunde noch erinnern.

In den 50er und 60er Jahren waren die Schachfreunde wie heute auch noch einer der großen und aktiven Clubs in Köln. Damals hatte der Verein sage und schreibe acht Mannschaften, alle mit acht Brettern. Zum Mannschaftskampf ging man immer gut angezogen. „Die meisten von uns saßen in Anzug und Krawatte am Brett“, erinnert sich Walter Sandmann. Heimspiele wurden oft auf dem Ford-Werksgelände ausgetragen, anfangs in der A-Halle, später auch im ehemaligen Casino-Ufer direkt am Rheinufer. Die gegnerischen Mannschaften, später auch die Ford-Teams mussten sich am Eingang beim Pförtner ausweisen. Und: Rauchen am Brett war erlaubt. „Wir waren manchmal beim Spielen richtig eingenebelt“.

Nach dem Trainingsabend standen in der Regel noch ein paar Runden Skat an. Und auch andere Freizeitvergnügungen gab es: Beispielsweise gemeinsame Tanzveranstaltungen. Vielleicht auch ein Grund dafür, dass bei der Feier zum 50. Vereinsjubiläum Stepptänzerinnen auftraten – ein Ereignis, über das sogar die Zeitung berichtete.

Im Vordergrund stand aber natürlich das Schachspiel. Der Verein wurde als Mitglied der „Ford-Freizeitorganisation“ noch viel kräftiger als heute vom Automobilwerk unterstützt. So war es auch möglich, jedem Mannschaftspieler 5 Mark Spesen auszuzahlen. Dafür war jahrelang Walter Sandmann, inzwischen Meister bei Ford, als Kassierer zuständig. Jedes Mitglied hatte damals sein eigenes Mitgliedsbuch, in dem das Eintrittsdatum vermerkt war. Wer seinen Beitrag gezahlt hatte, dem wurde dafür eine Marke mit dem Aufdruck „Ford Schachfreunde“ in das Heftchen geklebt. Die schachlichen Leistungen des Vereins spiegelten sich auch in dem Jahrbuch wider, das die „Ford-Freizeitorganisation“ regelmäßig herausgab. In Wort und Bild wurde dort über Vereinsmeisterschaft, Pokal, Blitzturniere und Mannschaftskämpfe berichtet.

Zu den Höhepunkten des Vereinslebens gehörten die vielen Schachreisen. Für die Ausflugsfahrten – es gab Touren nach Luxemburg, an die Mosel und nach München – stellte Ford den Schachfreunden eigene Busse zur Verfügung. Vor Ort wurde dann gegen Vereine aus dem jeweiligen Reiseziel Schach gespielt. Und es ging gesellig zu. Besonders an die Fahrt in die bayrische Hauptstadt erinnern sich die beiden Ehrenmitglieder noch gut. „Wir hatten damals einen Tisch im Hofbräuhaus“, erzählt Hans Löffler. „Und dann stimmte unser Vorsitzender Elimar Müller kölsche Liedchen an“. Das Hofbräuhaus war von der Sangeskunst der Kölner begeistert, die Stimmung schwappte über, und der Wirt spendierte eine Runde Freibier.

Als schachliche Höhepunkte sind Walter Sandmann die Simultan-Veranstaltungen mit bekannten Großmeistern in Erinnerung geblieben. Der tschechische Großmeister Vlastimil Hort war mehrfach bei den Schachfreunden zu Gast, auch der lange Zeit beste deutsche Spieler Dr. Robert Hübner. Hans Löffler ist heute noch stolz darauf, dass ihm bei einer Veranstaltung in Siegburg einmal ein Sieg gegen Großmeister Dr. Helmut Pfleger gelang. Walter Sandmann freut sich darüber, dass er seine Liebe zum Schach an seine beiden Töchter weitergeben konnte und jetzt sogar schon die dritte Generation der Familie am Brett sitzt: Enkel Christian Indrikson ist seit einigen Jahren aktives Mitglied bei den Ford Schachfreunden.

Die beiden Ehrenmitglieder gehen trotz ihres hohen Alters mit unvermindertem Einsatz ihrem Hobby nach: Die Teilnahme an Meisterschaft, Pokal, und Blitzturnieren (vor allem Löfflers große Leidenschaft) ist für sie selbstverständlich. Walter Sandmann trainiert inzwischen auch mit der Fritz Software und dem PC, Hans Löffler spielt immer noch „nur“ auf dem Brett. „Ich spiele meistens eine Partie pro Tag nach“, erzählt er und stellt gleich klar, dass sein Ehrgeiz ungebrochen ist. „Wenn ich ans Brett gehe, will ich auch gewinnen“. Das sieht Walter Sandmann etwas friedlicher. „Mein Ziel ist es, nicht zu verlieren“. So oder so – in der zweiten Mannschaft tragen jedenfalls beide bis heute mit schönen Partien zum Erfolg für ihren Verein bei.

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